Speläotherapie

Heilstollen


Speläotherapie im Eisensteinstollen in Bad Grund, Harz, Deutschland.
Eingang zum Therapiestollen, in dem Speläotherapie durchgeführt wird. Teufelshöhle, Fränkische Schweiz.

Die Speläotherapie nutzt die besonderen klimatischen Bedingungen in Höhlen und Bergwerken zur Heilung verschiedener Krankheiten, insbesondere von Atemwegserkrankungen.

Bereits vor Jahrhunderten haben Bergleute oder Höhlenbesucher eine gesundheitliche Verbesserung gespürt, nachdem sie aus dem Untergrund zurückgekehrt waren. Diese Berichte wurden zur Legende, bis im 20. Jahrhundert einige Mediziner versuchten dem Effekt auf die Spur zu kommen. Es stellte sich heraus, dass viele Höhlen und Bergwerke durch die Luftfeuchtigkeit von 100 % kaum Staub in der Luft haben. Das Wasser kondensiert an den Staubkörnern, diese werden schwer und sinken zum Boden ab, die Luft ist staubfrei. Eine weitere wichtige Tatsache ist der hohe Anteil an Kohlendioxid (CO2) in der Höhlenluft. Dieses Gas ist im Prinzip ungiftig, wir atmen es aus, nachdem unser Körper den Kohlenstoff zur Energiegewinnung oxidiert hat. Die Atmosphäre hat einen sehr geringen Anteil an Kohlendioxid (0,03 %), der Anteil in der Höhlenluft ist fünf- bis zehnmal höher, aber immer noch sehr gering. Der relativ hohe Anteil beeinflusst jedoch das vegetative Nervensystem und führt zu einer tieferen und intensiveren Atmung.

So gab es bald einzelne Heilstollen, Höhlentherapiezentren, und Kurbetriebe. Erst mit der Zeit wurde der Überbegriff Speläotherapie eingeführt, um die vielfältigen Behandlungsmethoden zusammenzufassen.

Die Speläotherapie ist eine ganzheitliche oder alternativmedizinische Behandlung. Wie alle derartigen Verfahren kämpft sie mit der Anerkennung durch die Schulmedizin. Ihr wird die unzureichende Absicherung der Wirksamkeit durch wissenschaftliche Studien und die Verfälschung der Ergebnisse durch den Placeboeffekt vorgeworfen. Befürworter der Therapie erklären, dass die Beseitigung der Reize dem Körper die Möglichkeit gibt, sich selbst zu heilen. Dass Asthmaanfälle den Körper zusätzlich belasten ist offensichtlich, das Unterbinden der Anfälle somit unzweifelhaft ein Vorteil. Dass die Symptome der Krankheiten gemildert oder ganz beseitigt werden, während sich der Patient in der Höhle aufhält, ist unbestritten. Der Streitpunkt ist also, ob sich daraus eine langfristige Heilung ergeben kann. Der unten zitierte Cochrane-Bericht konnte trotz eines positiven Kurzzeiteffekts auf die Lungenfunktion keine signifikanten Ergebnisse auf verlässliche Art und Weise finden.

Immerhin kann man sagen, dass die Kur keinerlei Nebenwirkungen hat. Die Therapie in der Höhle funktioniert völlig ohne jegliche medikamentöse Behandlung. Schwangere Frauen mit Asthma können die Therapie anwenden, ohne dass das Kind Schaden nimmt. Die sanfte Wirkung der Kur erfordert jedoch eine längerfristige, das heißt mehrwöchige Dauer der Kur.

Die Wirksamkeit der Speläotherapie ist nicht in allen Ländern der Welt anerkannt. In den osteuropäischen Ländern wird sie schon seit vielen Jahrzehnten angewandt, die Therapie wird vom öffentlichen Gesundheitssystem bezahlt. Einige Länder, darunter Großbritannien und die USA, sehen dagegen keinen medizinischen Nutzen in dieser Therapie, weil es an seriöser wissenschaftlicher Forschung fehlt. In diesen Ländern wird die Therapie manchmal als Wellness oder Krankheitssymptom-Management beworben. In mitteleuropäischen Ländern, vor allem in Deutschland, erlebte die Speläotherapie in den 2000er Jahren eine Art Goldrausch. In Deutschland ist die Therapie nicht von den Krankenkassen zugelassen, sodass kontrollierte klinische Studien initiiert wurden, um ihre Wirksamkeit zu testen. Eine Studie, die im Jahr 2002 an drei deutschen Speläotherapie-Standorten durchgeführt wurde, belegte den medizinischen Nutzen der Therapie bei Kindern. (Siehe Dissertation von Frau Dr. Lindacher)

In Deutschland wird diese Therapie vom Deutschen Speläotherapieverband e.V. sowie vom Deutschen Heilstollenverband gefördert. In diesen Verbänden arbeiten die aufgeführten Schaubergwerke und Heilstollen zusammen.

Literatur