Kocherursprung


Touristische Informationen:

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Schwarze Kocher, Schwäbische Alb, Deutschland. Public Domain.
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Weiße Kocher, Schwäbische Alb, Deutschland. Public Domain.
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Rote Kocher, Schwäbische Alb, Deutschland. Public Domain.
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Zusammenfluß Schwarze und Weiße Kocher, Schwäbische Alb, Deutschland. Public Domain.
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Zusammenfluß Schwarze und Weiße Kocher, Schwäbische Alb, Deutschland. Public Domain.
Ort: Heidenheimer Str., 73447 Oberkochen.
B19 zwischen Aalen und Heidenheim, südliche Ausfahrt nach Oberkochen.
(48.7720685, 10.0952854)
Öffnungszeiten: frei zugänglich.
[2024]
Eintrittspreise: frei.
[2024]
Typ: KarstKarstquelle
Licht: -
Dimension: Schwarzer Kocher: Yavg=680 l/s, Ymax=4000 l/s, Ymin=50 l/s, A=499 m NN.
Weißer Kocher: Yavg=420 l/s, Ymax=2900 l/s, Ymin=100 l/s, A=508 m NN, T=8.6 °C, pH=7.1.
Führungen: nein
Fotografieren: erlaubt
Zugänglichkeit: ja
Literatur:
Adresse: Stadtverwaltung Oberkochen, Eugen-Bolz-Platz 1, 73447 Oberkochen, Tel: +49-7364-270. E-mail:
Schwäbische Alb Tourismusverband e.V., Bismarckstraße 21, 72574 Bad Urach, Tel: +49-7125-93930–0. E-mail:
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Geschichte

1539 Eisenschmiede am Kocherursprung erstmals urkundlich erwähnt.
1611 am Kocherursprung zu Oberkochen existiert ein Schmelzofen, eine Eisenschmiede, eine Schlackenpoche und ein Laborantenhaus.
1644 geschlossene Eisenhütte abgerissen.
1645 Schlackenwäsche neu errichtet.
1907 Schlackenwäsche abgerissen.
JUN-2020 als bedeutendes Geotop und Geopoint des UNESCO Geopark Schwäbische Alb ausgezeichnet.

Bemerkungen

Eigentlich gibt es den Kocherursprung gar nicht, vielmehr gibt es etwa 20 kleine Quellen zwischen Oberkochen und Aalen die insgesamt in den Kocher fließen. Der Kocher befindet sich nördlich der Europäischen Wasserscheide, das bedeutet er entwässert in den Rhein und damit in die Nordsee. Die beiden Hauptquellen sind der Ursprung des Schwarzen Kochers und der Ursprung des Weißen Kochers, die beiden größten Quellflüsse des Kocher. Sie werden auch als Schwarzer Kocherursprung beziehungsweise Weißer Kocherursprung bezeichnet, was zwar kürzer ist, aber wie Wikipedia zu Recht anmerkt auch grammatikalisch falsch. Es gibt sogar einen Ursprung des Roten Kochers sowie Brunnenquelle, Edlenbachquelle, Hubertusquelle, Hungerbrunnen, Katzenbachquelle, Langertbrunnen, Luggenlohbrunnen und viele mehr. Die Quelle des Roten Kochers ist nicht sichtbar, sie fließt in Rohren und taucht erst in einem kleinen See auf, der heute diesen Namen trägt. Wie auch immer, wer vom Kocherursprung spricht, meint den Ursprung des Schwarzen Kochers, der sich an der B19 am Südende von Oberkochen befindet. Man könnte meinen, dass er seine eigene Ausfahrt hat, weil der Parkplatz Kocherursprung sich direkt an der Ausfahrt befindet. Ab dem Zusammenfluß von Schwarzem und Weißem Kocher spricht man vom Kocher, dem zweitgrößten Nebenfluss des Neckar. Er ist etwa 169 km lang und hat ein etwa 1960 km² großes Einzugsgebiet. Noch ein Hinweis zum Namen, Kocher stammt vermutlich aus dem Keltischen, vermutlich vom Wortstamm keu-k, sich biegen oder sich krümmen, also der gewundene Fluß. 795 wurde er Cochane geschrieben, 1024 wurde er Chochina geschrieben später Cochara und etwa ab 1504 Kocher. Wikipedia verwendet ausschließlich die männliche Form, also der Kocher, obwohl auch öfters die Kocher geschrieben wird.

Der Ursprung des Schwarzen Kochers ist eine Karstquelle mit mehreren Quellaustritten, die aus dem Hangschutt austreten. Wie bei Karstquellen üblich schwankt die Schüttung sehr stark, mit durchschnittlich 680 l/s ist es die größte Karstquelle um Oberkochen. Das Einzugsgebiet ist ein Waldgebiet fast ohne menschlichen Einfluss und so ist das Quellwasser sehr sauber. Die Quelle ist ein geschütztes Naturdenkmal, ein Feuchtbiotop mit zahlreiche geschützte Pflanzen und Tierarten, und zudem eine archäologische Stätte. Die Geologie ist relativ simpel, eine horizontale, wasserstauende Schicht wurde von der Urbrenz angeschnitten. Der Grundwasserköper über der stauenden Schicht fließt deshalb überall da wo dieser Wasserstauer angeschnitten wurde heraus und bildet kleine Quellen. Man bezeichnet diese aus dem Berg heraus fließenden Quellen als Seichten Karst, wohingegen die tiefen Quelltöpfe von der Südseite der Alb als Tiefer Karst bezechnet werden. Nachdem die Wasserscheide sich nach Süden verlagert hat, fließt das Wasser nicht mehr in die Brenz, sondern in die Kocher, die das Urbrenztal gekapert hat.

Schon vor 1539 stand beim Kocherursprung ein Eisenhüttenwerk, das im Dreißigjährigen Krieg um 1644 geschlossen wurde. Hier wurde Bohnerz verhüttet, das als Höhlensediment in Karstspalten und Höhlen in der Gegend abgebaut wurde. Es kam vor allem vom Zahnberg bei Königsbronn und aus der Nattheimer Gegend. Aber auch Stuferz aus Aalen wurde verhüttet, ein oolithischer Brauneisensandstein aus dem Dogger, der noch bis ins 20. Jahrhundert im Tiefen Stollen im nahegelegenen Wasseralfingen abgebaut wurde. Man findet um die Quelle herum und im Flussbett schwarze Schlackenreste, teilweise mit rötlichen Eisenrückständen. Die Mönche in Königsbronn waren die ersten, die solche Eisenhütten in der Gegend eingerichtet und betrieben haben. Später versuchten auch weltliche Herren an der Eisenverhüttung zu verdienen. Die Eisenhütte am Kocherursprung wurde 1539 erstmals urkundlich erwähnt, wie lange sie zu diesem Zeitpunkt bereits existierte ist unbekannt. Sie war sicherlich sehr klein, nur wenige Männer arbeiteten hier, und sie hatte wenig Einfluss auf das benachbarte Dorf. Obwohl das Dorf vermutlich davon profitierte, dass es Holz an die Hütte verkaufen konnte. Der Bedarf an Holzkohle war sehr hoch. 1611 wurde aufgezeichnet, dass am Kocherursprung zu Oberkochen ein Schmelzofen, eine Eisenschmiede, eine Schlackenpoche und ein Laborantenhaus existierten. 1618 begann der 30-jährige Krieg, und vermutlich wurde die Hütte irgendwann geschlossen, ob es das Fehlen von Rohstoffen, von Absatzmärkten oder Arbeitern war ist unbekannt. Manche Quellen sprechen davon, dass sie im Krieg zerstört wurde, es war aber wohl eher so, dass sie geschlossen wurde, verfiel und schließlich abgerissen wurde.

Sehr häufig taucht in diesen Beschreibungen eine Schlackenwäsche auf, wobei nicht ganz klar ist, was das sein soll. In der Literatur wird die Schlackenwäsche mehrfach fälschlich als Eisenhütte fehlinterpretiert. Offensichtlich hat die Nähe zur Quelle etwas mit Wasserbedarf zu tun, was man offensichtlich für einen Hochofen nicht braucht. Die Gebläse des Hochofens wurden allerdings mit einem unterschlächtigen Wasserrad in einem künstlich angelegten Kocherkanal angetrieben. Das Erz hatte einen geringen Eisenanteil, und so gab es neben dem Roheisen eine erhebliche Menge Schlacke, die jedoch wiederum selbst einen gewissen Eisenanteil hatte. So war die Schlacke eine Art Eisenerz und die Schlackenwäsche diente dazu den Eisengehalt zu erhöhen. Die Schlacke wurde in einer Schlackenpoche, einem Pochwerk für Schlacke, zerschlagen und zerstampft. Aus dem entstehenden Sand wurden die schweren, eisenhaltigen Körner gewonnen, indem die leichteren ausgeschwemmt wurden, vergleichbar mit Goldwaschen. Somit wurde der Abfallstoff wieder zum Rohstoff, eine frühe Form des Recyclings. Vermutlich gab es auch diverse Verwendungsmöglichkeiten für den nicht eisenhaltigen Schlackensand, er wurde im Straßenbau verwendet, und ist im Tiefentalsträßchen südlich von Oberkochen nachgewiesen. Heutzutage wird Schlacke auch als Zuschlagstoff bei der Zementherstellung und als mineralischer Dünger verwendet.

Nach der Schließung der Hütte wurden die Schlackenhalden südlich der Kocherquelle weiterhin verwertet. Es wurde sogar eine neue Schlackenwäsche errichtet, später wurden Schlacken von anderen Eisenwerken verarbeitet, doch Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Betrieb eingestellt. Das Gebäude wurde in ein Wohnhaus umgewandelt und stand bis ins frühe 20. Jahrhundert. Daher kommt es wohl, dass der Begriff Schlackenwäsche für den Ort auch heute bekannt ist.

Es ist recht verblüffend, dass ein Karstobjekt, eine Karstquelle, hier fast ausschließlich in eine montanhistorische Beschreibung mündet. Der Grund ist offensichtlich, das Wasser der Quelle wurde als Kraftquelle genutzt. Und sogar der Name ist darauf zurückzuführen, die Schwarze Kocher ist nach den dunklen Schlackensteinen auf ihren Grund benannt worden. Die Weiße Kocher dagegen nach dem starken Gefälle gleich unterhalb der Quelle, das zu weißer Gischt im Bachbett führt.

Wir empfehlen als Programm für Eilige den besuch der Schwarzen Kocherquelle, hat man etwas mehr Zeit empfiehlt sich zusätzlich die Weiße Kocherquelle. Diese wurde vom UNESCO GeoPark Schwäbische Alb sogar als bedeutendes Geotop und Geopoint ausgezeichnet. Und wer noch mehr sehen möchte, kann an der Schwarzen Kocherquelle den Quellenwanderweg starten der zu den schönsten Karstquellen in diesem Gebiet führt.