Ein Stufenbrunnen ist ein semi-unteridisches Brunnen-Bauwerk mit sehr vielen Stufen, daher der Name zusammengesetzt aus Brunnen und Stufen.
Stufenbrunnen ist eigentlich kein deutsches Wort, es ist die wörtliche Übersetzung des englischen Worts stepwell. Derartige Brunnenkonstruktionen finden sich in großer Zahl in Indien. Hier werden sie oft Waw oder Vav genannt, aber auch bawdi, baori, baoli, baudi, bawdi, oder bavadi. Da Indien eine britische Kolonie war, wurde der englische Terminus bereits im 19. Jahrhundert in die Sprache aufgenommen. Das Grundprinzip ist ein tiefer, quadratischer Brunnenschacht, der dadurch zugänglich gemacht wird, dass Steintreppen an den vier Seiten gebaut werden. Diese führen im Zickzack hinunter, wobei tiefere Treppen nach innen versetzt sind, um aufwendige Konstruktionen zu vermeiden. So wird der Schacht immer enger, wie eine auf die Spitze gestellte Pyramide. Man kann es auch als vier Rampen betrachteten die durch ein System aus Treppen in Terassen strukturiert werden.
Diese Bauweise ist sehr alt, und statisch ziemlich einfach. Die Treppen sind gerade, jede ist auf festem Untergrund erbaut. Durch die Vielzahl der Treppen können sehr viele Leute gleichzeitig Wasser holen. Obwohl die Treppen keine Geländer haben, ist das Bauwerk recht sicher.
In späteren Zeiten wurde Verzierungen angebracht, bis hin zu aufwändigen architektonischen Elementen. Es gibt Säulenreihen, Übergänge und Balkone, die typische Māru-Gurjara Acrhitektur, die auch bei vielen Tempeln verwendet wird. Auch wurden Brunnen gebaut die ein vielfältig verziertes Treppenhaus haben und deshalb nicht enger werden, sie haben uf der gesamten Tiefe die gleichen Dimensionen. Andere Wiederum haben eine aufwändig gestaltete Zugangstreppe mit Säulenreihen und Kapitellen, besitzen aber zusätzlich einen Schacht der direkt zum Wasser führt. Ob hier einmal eine Winde mit Seil und Eimer gestanden haben und das Wasser fassen, ohne Abstieg, erlaubten ist schwer zu sagen.
Natürlich war die Entwicklung der Stufenbrunnen ein langer Weg, und so gibt es nicht nur diese Endstadien, sondern auch alle möglichen Vorgänger. Die einfachste Version ist wohl eine Art Graben, mit steilen Wänden an drei Seiten und einer Rampe mit einer langen Treppe an der vierten. Oder die Hohlform ist größtenteils natürlich, mit dem Wasser am tiefsten Punkt, und einer langen Treppe an einer geeigneten Stelle. Eine zweite Treppe stellt eine massive Verbesserung dar, wail so die Leute die Absteigen und die, die Aufsteigen, verschiedene Treppen benutzen können. So gibt es keinen Gegenverkehr mehr.
Die ältesten Stufenbrunnen sind kleine, in den Fels gehauene Anlagen des 2. bis 4. Jahrhunderts, meist in der Nähe von buddhistischen oder hinduistischen Felsklöstern. Im 7. Jahrhundert erscheinen die ersten größeren Anlagen, diese sind jedoch nicht gut erhalten und nur archäologisch interessant. Die spektakulären großen und tiefen stammen aus den letzen tausend Jahren.
Der Begriff "Well", also Brunnen, sagt wenig über den Ursprung des Wassers aus. Wie bei den profanen europäischen Brunnen kann es sich sowohl um Regenwasser handeln, das in diese Vertiefung geleitet wird, als auch um eine Wasser stauende Schicht, also einen Aquifer. So kann man sie im Einzelfall entweder als Sonderfall einer Zisterne oder als Sonderfall einer Quelle betrachten. Doch in den nördlichen Gebieten der indischen Staaten Rajasthan und Gujarat, wo diese Brunnen am häufigsten sind, wird ein semi-arides Klima einmal im Jahr von heftigen Monsunregen unterbrochen. Hier ist die Aufgabe ganz offensichtlich das Wasser über das gesamte Jahr zu speichern. Allein in Nordindien werden etwa 3,000 dieser Anlagen geschätzt.
Die recht große Anlage macht aus dem Brunnen jedoch auch einen sozialen Ort, eine Art Marktplatz. Natürlich galten besondere Hygieneregeln, um das Wasser nicht zu verschmutzen. Und doch war es wohl üblich in der Trinkwasserquelle zu baden und zu waschen. Und das Gewässer war bei Pflanzen und Tieren sehr beliebt, Insekten, Amphibien, Fische und Vögel lebten in dem Teich und verschmutzten ihn. Das schockierte the Britischen Kolonialherren, sodass sie mit dem Bau von Pumpen und Rohrleitungen zur Wasserversorgung anfingen und an einigen Orten die Verwendung der Stepwells sogar verboten. So wurden einige davon sogar verfüllt und erst in jüngster Zeit wieder ausgegraben und restauriert.
Ein Nanda ist ein Stufenbrunnen mit einer Treppe. Daraus ergibt sich eigentlich zwangsweise eine rechteckige form, eine Art Graben, der auf einer Seite an der Oberfläche beginnt und dann zum Wasser hinunter führt.
Ein Bhadra ist ein Stufenbrunnen mit zwei Treppen. Diese sind entgegengesetzt, der Brunnenschacht ist also in der Mitte und von beiden Seiten führt eine Treppe hinunter.
Ein Jaya hat drei Treppen. Das führt in der Regel zu einer quadratischen Form und eine Vielzahl von kurzen Treppen. Im Gegensatz zu den ersten beiden Formen führen die Treppen nicht auf das Wasser zu, sondern verlaufen quer. Die vierte Seite wird meist von einem Gebäude eingenommen.
Ein Vaav hat auf allen vier Seiten Treppen. Das ist nun die touristisch interessanteste Form, die mit ihren vielen Treppen fast wie ein Escher-Gemälde wirkt. Die Treppen sind sehr symmetrisch angeordnet.
Eine besondere Art von Stufenbrunnen ist der sogenannte spiralförmige Stufenbrunnen. Wo normale Stufenbrunnen rechteckig sind, sind sie kreisförmig. Während normale Stufenbrunnen gerade Treppen haben, die ihre Richtung ständig ändern, haben sie nur eine Treppe, die sich wie eine Wendeltreppe windet. Manchmal verengt sich die Treppe bei jeder Umdrehung um ihre eigene Breite, sodass der Schacht konisch ist. Es ist auch möglich, dass die Treppe in die Öffnung hereinragt, sodass der Schacht zylindrisch ist. Ganz typisch ist, wie bei normalen Stufenbrunnen, dass es kein Geländer gibt.