Erdstall Ratgöbluckn


Touristische Informationen:

Ort: Stephaniehain, 4320 Perg.
Von Salzburg Autobahn A1 Ausfahrt Enns-Ost, Bundesstraße B115 Richtung Ennsdorf, Bundesstraße B123 Richtung Mauthausen, Bundesstraße 3 bis Perg.
Von Wien Autobahn A1 bis Ausfahrt St. Valentin, Bundesstraße 1 und Bundesstraße B123 Richtung Mauthausen, Bundesstraße 3 bis Perg.
(48.252503, 14.634637)
Öffnungszeiten: Nach Vereinbarung.
[2025]
Eintrittspreise: Erwachsene EUR 3, Schüler EUR 2.
Steinbrecher-Spaziergang: Erwachsene EUR 7, Schüler EUR 3.
[2025]
Typ: SubterraneaErdstall
Licht: LightBeleuchtung mit Glühlampen
Dimension:  
Führungen:  
Fotografieren:  
Zugänglichkeit: nein
Literatur: Karl Stummer (1962): Der Erdstall Ratgöbluckn in Perg In: Institut für oberösterreichische Landeskunde (Hrsg.): Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 16, Heft 1, Jänner – März 1962, S. 56ff pdf
Rudolf Zach (1975): Der Erdstall Ratgöbluckn in Perg – ein Kulturdenkmal In: Institut für oberösterreichische Landeskunde (Hrsg.): Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 29, Heft 1/2, 1975, S. 101f pdf
Rudolf Zach (1969): Der Erdstall Ratgöbluckn In: Perg im Spiegel der Geschichte. In: Stadtgemeinde Perg (Hrsg.): Perg, Festschrift anlässlich der Stadterhebung 1969. Linz 1969.
Adresse: Heimat- und Museumsverein Perg, Stifterstraße 1, 4320 Perg. E-mail:
Franz Moser, Obmann, Tel: +43-650-5427786.
Rosina Pfeiffer, Kustodin und Kultur-Vermittlerin, Tel: +43-664-2159788.
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Geschichte

1881 Stephaniehain vom Verschönerungsverein als Spazierweg angelegt.
1905 Michael Fries, Kommunevorstand von Perg, veranlasst, dass der Erdstall durch Stützen und Mauerungen in den Gängen vor dem Einsturz bewahrt wird.
1944 im Rahmen eines Schulprojekts untersucht, vermessen und in einem Plan festgehalten.
1945 Verschluss durch eine Mauer auf Veranlassung des Marktgemeindeamtes.
1975 Erdstall vom Heimat- und Museumsverein Perg wieder zugänglich gemacht.
2002 elektrische Beleuchtung installiert.
2002 Drehort für einen dreiteiligen Film über den Dreißigjährigen Krieg.
2009 unter Denkmalschutz gestellt.
2011 Kurzfilm der Theatergruppe Mining im Erdstall gedreht.

Bemerkungen

Der Erdstall Ratgöbluckn liegt in der Stadt Perg und wird gerne als Teil des Pergmuseums bezeichnet. Tatsächlich wird das Pergmuseum und diverse denkmalgeschützte Objekte wie Erdstall Ratgöbluckn, Mühlsteinbruch Scherer und Steinbrecherhaus vom Heimat- und Museumsverein Perg betreut. Dieser veranstaltet Ausflüge, Exkursionen, Lesungen und Feiern. Nur das Museum hat regelmäßige Öffnungszeiten, alles andere wird nach Vereinbarung für Gruppen geführt.

Der Erdstall ist ein Labyrinth von Gängen und kleinen Räumen, das zwar für einen Erdstall recht groß ist, dennoch gewisse Anforderungen an die Besucher stellt. Man muss sich bücken und sollte nicht an Klaustrophobie leiden. 22 Gangstücke verbinden 8 Kammern miteinander, die Gesamtlänge ist 106 m. Die äußere Hälfte der Gänge befindet sich in Sandstein, die innere Hälfte in Flins, der lokale Dialektbegriff für verwitterten Granit. Es gibt zwei Nischen die als Sitznischen bezeichnet werden und 19 die als Lichtnischen bezeichnet werden. Der Grund ist einfach, die größeren sind groß genug und in der richtigen Höhe um als Sitzgelegenheit genutzt zu werden, die kleineren können genutzt werden, um Lampen hinzustellen. Ob sie tatsächlich dafür gedacht waren, ist natürlich unbekannt, so wie alles andere bei Erdställen. Und weil sie so mysteriös sind gibt es diverse lokale Legenden über ihren Zweck.

So sollen sie ein Geheimgang zur Burg der Herren von Perg auf dem Dollberg gewesen sein, oder auch zum Markt Perg, oder auch zur mehrere Kilometer entfernten Burg Mitterberg. Derartige SmileHöhlenlegenden sind nicht außergewöhnlich, es gibt sie so oft, dass wir sie sogar in Klassen eingeteilt haben. Und neben den "historischen" Legenden gibts auch zeitgenössische. Da schreiben Leute das wären mittelalterliche Fluchthöhlen, und die Leute hätten sich da bei Überfällen und Plünderungen versteckt. Wenn man sich den fehlenden Platz, den fehlenden Notausgang, und die mangelhafte Belüftung anschaut ist das wohl eher unwahrscheinlich. Eine andere Legende, die sich hartnäckig hält, ist die Behauptung, dass Erdställe aus der Zeit um 1,000 stammen. Das war lange die naheliegendste Hypothese, allerdings nie mehr als eine Vermutung. Wahrscheinlicher ist, dass sie aus der Keltenzeit stammen und im Mittelalter als Keller kurzzeitig reaktiviert, zum Teil auch überarbeitet wurden. Wie auch immer, bei der Ratgöbluckn ist über die Entstehungszeit nichts bekannt. Aber die seltsamste moderne Legende hört sich wie ein Superlativ an: "der größte gefahrlos begehbare Erdstall im Mühlviertel". Da das charakteristische und Besondere and Erdställen gerade die Kleinheit ist, hört sich das an als ob man einen Ferrari dafür lobt, dass er sparsam im Verbrauch ist.

Dieser Abschnitt wird der kürzeste: harte Fakten zu diesem Subterranea sind nicht vorhanden. Wir wissen nicht wie alt es ist und wir wissen nicht welchen Zweck es hatte. Wir können vermuten, dass es im Mittelalter als Keller genutzt wurde, weil es vermutlich vorher kleiner war, so wie die anderen Erdställe, und dann im Mittelalter etwas erweitert wurde, um es als Keller zu benutzen. Das Problem ist: Erdställe sind in der Regel komplett leer, und den Hohlraum selbst kann man nicht datieren, das ginge nur mit irgendwelchem Inhalt. Das Einzige, was bekannt ist: der Name kommt aus dem lokalen Dialekt, und zwar von "Ratgöb sei Lucka", dem Ratgöb sein Loch. Ratgöb war der Hausname des Bauern, dem das Land gehörte.

Etwas mehr wissen wir über die jüngste Vergangenheit. Vermutlich war der Erdstall den Anwohnern immer bekannt, auch wenn die wenigsten ihn wohl betreten haben. Doch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde er durch die Anlage des Stephaniehains im Jahr 1881. Der Verschönerungsverein legte ihn als Spazierweg an und benannte ihn nach der Gemahlin Erzherzog Rudolfs, Prinzessin Stephanie von Belgien. Und so wurde der Eingang für Spaziergänger sichtbar. Dennoch passierte erst mal nichts, erst 1905 veranlasst Michael Fries, Kommunevorstand von Perg, dass der Erdstall durch Stützen und Mauerungen in den Gängen vor dem Einsturz bewahrt wird. Ob das wirklich notwendig war, ist unklar, immerhin hatte der Erdstall vermutlich mehrere tausend Jahre überstanden, ohne einzustürzen. Und wieder passierte lange nichts. Seltsamerweise 1944, also am Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde der Erdstall schließlich erstmals erforscht. Im Auftrag des Landrates Gustav Brachmann gab es ein Schulprojekt unter der Leitung von Hauptschuldirektor Karl Stummer. Schüler der 4. Klasse der Hauptschule Perg, also 10-jährige, erforschten die Tunnel, vermassen sie und zeichneten einen Plan. Im Jahr darauf wurde der Erdstall zugemauert, auf Veranlassung des Marktgemeindeamtes. Für beide Aktionen ist die Begründung nicht bekannt, man kann nur vermuten, dass geprüft wurde, ob der Erdstall sich als Luftschutzbunker eignet, und als klar war, dass er das nicht tut, wurde sichergestellt, dass er niemandem als Unterschlupf dienen konnte.

Wieder zugänglich gemacht wurde der Erdstall im Jahr 1975 vom Heimat- und Museumsverein Perg, der ihn bis heute auch betreut. Dazu wurde die Mauer abgerissen und der Eingang mit einer Granitsteinmauer abgesichert und mit einem schmiedeeisernen Tor verschlossen. Von diesem Zeitpunkt war der Erdstall wieder für die Allgemeinheit zugänglich. Kurioserweise hat der Verein jedoch für die Führungen Fackeln verwendet, was etwas mit dem Schutz des Erdstalls kollidiert. Erst 2002 wurden die Fackeln durch eine elektrische Beleuchtung ersetzt.