Estavelle

Wechselschlund


estavelle. (French.) Eine intermittierende Quelle, die nur in feuchten Jahreszeiten aktiv ist. Kann je nach Grundwasserverhältnissen abwechselnd als Schluckloch und als Quelle fungieren.
Watson Hiner Monroe (1970): A Glossary of Karst Terminology, Geological Survey Water-supply Paper 1899-k, Library of Congress catalog-card No. 75-607530 DOI online

Estavelle, Karsterscheinung mit zeitlich wechselnder Quelle- und Schwinde-Funktion (Schwinde). Durch veränderte Druckbedingungen in einem System von Karströhren kann eine an der Oberfläche als Wasserspeier fungierende Karströhre (Karstquelle) zu einer aktiven Schwinde (Schluckloch) umfunktioniert werden; häufige Erscheinung in Poljen mit episodischen und periodischen Überschwemmungen.
Lexikon der Geowissenschaften >> Estavelle Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Estavellen sind Zugänge zum Karstwasser mit einer Doppelfunktion. Je nach der Höhe des Karstwasserspiegels geben sie als Quelle das Wasser ab oder verschlucken es als Ponor.


Eine Estavelle ist eine ganz außergewöhnliche und auch einigermaßen seltene Karsterscheinung. Dennoch muss man sie als ein ganz typisches Karstphänomen betrachten, da sie aus den Besonderheiten eines Karstgebietes leicht erklärt werden kann. Im Prinzip ist sie eine Sonderform eines Ponors und einer intermittierenden Karstquelle.

Was ist nun eine Estavelle genau? Kurz gesagt ein Zugang zum Karstgrundwasser in Form einer Spalte oder Höhle, die je nach Jahreszeit und/oder Wetterbedingungen entweder ein Schluckloch oder eine Quelle darstellt. Das heißt, sie nimmt zu gewissen Zeiten Wasser auf, während sie zu anderen Zeiten Wasser schüttet. Es ist außerdem möglich, dass sie ganz trocken fällt und eine inaktive Phase besitzt.

Die einfachste Struktur einer Estavelle ist ein Zugang zum Karstgrundwasser, das starken Schwankungen unterliegt, die bis über die Erdoberfläche steigen. Das bedeutet, dass bei steigendem und hohem Stand des Karstwasserspiegels das Wasser aus der Estavelle dringt und entweder einen Bach oder einen See mit Wasser versorgt. Dies ist erstmal identisch zu einer intermittierenden Karstquelle. Die Besonderheit der Estavelle ist nun bei sinkendem bzw. niedrigem Wasserstand, bei dem die gleiche Karstspalte das Wasser des Karstsees wieder aufnimmt.

Besonders interessant, sozusagen die Reinform einer Estavelle ist, wenn ein Bach in dieser Schwinde versinkt. Das bedeutet, dass der Bach oberhalb Wasser liefert, was zum Beispiel bei der Grenze zu nicht verkarsteten Gesteinen häufig der Fall ist. Es reicht aber auch ein Wasserstauer im Gestein, der oberhalb der Estavelle eine Quelle ermöglicht. Dieser Bach wird nun bei Wasserhochstand von der Estavelle mit Wasser versorgt, zu Zeiten mit wenig Wetter wird ein Teil oder das ganze Wasser verschluckt.


Eine Sonderform der Estavelle ist die submarine Estavelle, also eine Estavelle die sich unter dem Meer befindet. Bei ihr wird zu Zeiten hoher Schüttung submarin Süß- oder Brackwasser abgegeben. Was sie wiederum von einer normalen submarinen Quelle unterscheidet, sind die Zeiten in denen der Karstwasserspiegel sehr stark absinkt und Wasser in die Höhle hinein strömt. Diese Umkehrung basiert aber auf anderen physikalischen Prinzipien als bei normalen Estavellen. Der Karstwasserspiegel kann generell nicht unter den Meeresspiegel sinken, da alles Süßwasser ober- und unterirdisch ins Meer fließt, also muss immer ein Gefälle in Richtung Meer existieren. Dieses kann in Zeiten von niedrigem Zufluss, durch zwei Mechanismen kurzfristig unter den Meeresspiegel absinken und das Meerwasser fließt in die Estavelle hinein.

Der einfachste Mechanismus ist der Tidenhub, das Wasser fließt bei Ebbe aus der Estavelle und bei Flut wieder zurück.

Ein anderer Mechanismus beruht auf dem unterschiedlichen spezifischen Gewicht von Salzwasser und Süßwasser. In kommunizierenden Röhren steht der Wasserspiegel normalerweise gleich hoch, wenn auf einer Seite Meerwasser mit höherem spezifischem Gewicht eingefüllt wird, ist der Wasserspiegel im Gleichgewichtszustand jedoch tiefer. Eine Höhle mit untermeerischem Abfluss und einem zusätzlichen Abfuss knapp über dem Meeresspiegel, kann diesen Effekt auf besondere Weise nutzen. Der Karstwasserspiegel sinkt durch den oberirdischen Abfluß fast auf eereshöhe, dadurch fliest Meerwasser im untermeerischen Eingang in das Höhlensystem hinein.