Nackter Karst


Der Burren in Co. Clare, Irland.

Nackter Karst ist ein Karstgebiet, bei dem der nackte Fels herausschaut, also ohne schützende Vegetation. Typischerweise ist das Fehlen der Vegetation auf Erosion zurückzuführen, in den meisten Fällen durch Überweidung, Rodung oder Abholzung durch den Menschen ausgelöst. Der schützenden Vegetation beraubt, wird die Erde meist sehr schnell abtransportiert. Die Vegetation ist meist entstanden als die Verkarstung wenig fortgeschritten war. Das Grundwasser war noch nahe der Erdoberfläche und es konnte ein geschlossene Vegetationsdecke entstehen. Wenn Karstgebiete durch sinkenden Grundwasserspiegel und fortschreitende Verkarstung immer wasserloser werden, ist die geschlossene Vegetation in gemäßigten Klimazonen durchaus in der Lage einen Status Quo aufrecht zu erhalten. Das notwendige Wasser wird im Humus gespeichert. Doch sobald diese zerbrechliche Situation vom Menschen gestört wird, führt die Entwicklung zur Desertifikation, zur Bildung einer Wüste.

Lediglich in Hohlformen bleiben Reste des Humus erhalten, die dann auch durch den Menschen genutzt werden. So entstand der Begriff Polje in Slowenien, Polje bedeutet Feld und das waren Felder am Grunde einer Karsthohlform. In Slovenien entstand der nackte Karst bereits vor mehr als 2000 Jahren, als die Römer begannen, die riesigen Bäume (!) als Masten für ihre Schiffe abzuholzen. Man kann also sagen, dass die heutige slovenische Landschaft ein Resultat der Punischen Kriege ist!

Auch wenn der nackte Karst baum- und graslos erscheint, so gibt es doch in Karren und Rinnen immer wieder Pflanzen und Tiere. Dabei handelt es sich um besondere, an die außergewöhnlichen Bedingungen mit extremer Hitze, Kälte, hohen Niederschlägen und Trockenperioden angepaßte Lebensformen. Diese sind sehr selten und besonders schützenswert, so dass Karstgebiete in vielen Ländern der Welt als NNaturschutzgebiete geschützt werden.

Die Entstehung eines nackten Karstes hat auch einschneidende Auswirkungen auf die Höhlen. So gelangt bei der Desertifikation eine große Menge an Lockermaterial in die Höhlen, und wird dort zumindest teilweise abgelagert. Umgekehrt kann man in Höhlen meist diese Phase sehr detailiert rekonstruieren und über eine C14 Altersbestimmung von Kohlenstoffhaltigen Sedimentbestandteilen auch zeitlich bestimmen.

Im nackten Karst ändert sich das Klima und auch der Wasserhaushalt des Gebietes grundlegend. Insbesondere werden die Niederschläge extremer, und mangels einer Speicherung im Erdboden gelangen dieses Niederschläge sofort in den Karstkörper. Dadurch erhöht sich die Erosion in den Höhlen. Gleichzeitig entfallen aber die Huminsäuren und das Kohlendioxid aus dem Boden, das einen wesentlichen Anteil am korrosiven Entstehen von Höhlen hat. Dadurch wird die Korrosion deutlich verringert.

Noch extremer ist aber die Auswirkung auf die Bildung von Tropfsteinen. Tropfsteine entstehen durch das entweichen von CO2 aus dem Tropfwasser und die daraus folgende Ausfällung von Kalk. CO2 entweicht aus dem Wasser, wenn der Partialdruck im Wasser gegenüber der Höhlenluft erhöht ist. In der Umkehrung muß also der CO2-Gehalt im Wasser vorher erhöht gewesen sein. Die Erhöhung des CO2-Gehalts geschieht typischerweise im Boden durch die Anreicherung durch Bodenorganismen. Das CO2 führt zur entsprechenden Lösung von Kalk, entweicht aber in der Höhle an die Höhlenluft und Kalk wird abgelagert. Fehlt der Humus ist der CO2-Gehalt nicht oder wenig erhöht, entsprechend entweicht auch kein oder wenig CO2 an die Höhlenluft und es werden keine Tropfsteine gebildet.